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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Software Patente: Offener Brief an Parlament, Rohentwurf



Doh!
29-08-2003, 00:41
Hallo allerseits, sorry, dass ich mich mit so einem Knaller in das Forum einführe, aber ich hale das für recht wichtig. Viele von Euch haben sicherlich schon über das Vorhaben zur Einführung von Softwarepatenten in Europa gehört. Falls nicht: http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,263129,00.html

Ich würde ganz gerne in Zusammenarbeit mit dem linuxforum, bei dem ich als User aktiv bin, folgenden offenen Brief an das EU-Parlament senden (Bitte für Anmerkungen den Link ins Linuxforum bentzen, dass nicht zwei Threads zugeschrieben werden: http://www.linuxforen.de/forums/showthread.php?s=&threadid=96087 )

Hier der ertse Entwurf:


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Sehr geehrte Damen und Herren,

am 1. September steht im Europäischen Parlament eine Abstimmung über die Richtlinie zur Patentierung computerbezogener Erfindungen. Viele politische Gruppen und Interessenvertreter haben sich bereits zu Wort gemeldet, darunter natürlich auch große und kleine Hard- und Softwarehersteller.

Wir - die Nutzer und die Betreiber des Internetforums "linuxforen.de" und "mrunix.de" - stehen in Sachen Entwicklung von und Weiterbildung für freie Software in Deutschland an vorderster Front. An diese Foren richten sich sowohl private als auch professionelle Anwender und Entwickler, um Hilfestellung bei Problemen zu erfragen oder neueste Entwicklungen zu diskutieren und weiter zu voran zu treiben.

Wir wollen daher auch nicht die Argumentation anderen Gruppen wiederholen (obwohl diese natürlich äußerst stichhaltig und wichtig sind). Vielmehr möchten wir Sie für die Sicht der breiten Masse der Anwender und Entwickler schärfen, die im Endeffekt die Auswirkungen eines möglichen Patentrechtes für Computertechniken am stärksten zu spüren bekämen.

Die Entwicklung freier Software ist eine der wichtigsten Grundlagen unserer schnell wachsenden Informationsgesellschaft. Viele Techniken - unter anderem die Software, die die Verfasser dieses Briefes benutzen - sind freie Applikationen. Weiterhin werden beispielsweise über [korrekte Zahl einsetzen} Prozent aller Internetseiten auf Servern betrieben, die die freie Software "Apache" einsetzen. Kleine Firmen, die sich im Internet präsentieren wollen (heutzutage sogar müssen) haben so eine kostengünstige Möglichkeit sich im World Wide Web zu präsentieren.

Der mit Abstand wichtigste Dienst im Internet, der Domain Name Service (DNS - das ist der Dienst, der dafür sorgt, dass Sie statt Zahlenfolgen einfach zu merkende Namen in Ihrem Internet-Browser eingeben können, z.B. www.europarl.de) basiert auf den 15 auf der Welt verteilten Hauptservern für diesen Dienst ebenfalls auf frei verfügbare Software. Stellen Sie sich vor, diese Server dürften nur mit Zustimmung der Firma betrieben werden, die das Patent auf diesen Dienst angemeldet hat!

Programmierer, die an Universitäten ausgebildet werden, oder die sich in Heimarbeit ihre Fähigkeiten selbst beibringen, müssten fürchten, dass Programme, die sie selbst schreiben, bereits ein Patent verletzen würden, sobald sie es Dritten - auch umsonst - zur Verfügung stellen würden. Und das obwohl der Programmiere die Software völlig eigenständig entwickelt hätte.

Die Möglichkeit freie Software herzustellen ist also die Grundlage für unsere Informationsgesellschaft. Softwarepatente könnten diese Grundlage völlig zerstören, da Entwickler freier Software in den seltensten Fällen ihre Erfindungen patentiert lassen haben - oft auch weil das Geld dafür fehlt. Kommerzielle Firmen könnten dies nutzen, und im Extremfall ein Patent anmelden, dass sie selbst nicht entwickelt haben und damit sogar dem eigentlichen Entwickler verbieten, seine Software zu nutzen oder weiterzugeben!

Das wäre so, als müssten alle Automobilhersteller Lizenzgebühren an jene Firma bezahlen, die sich das Lenkrad hat patentieren lassen hat, auch wenn eine andere Firma eine eigene, möglicherweise besser funktionierende Lenkung entwickelt hätte.

Wir erkennen sehr wohl an, dass kommerzielle Firmen ihre Entwicklungen schützen möchten und auch einen Gegenwert für die oftmals teure Entwicklung eigener Konzepte erhoffen. Auch wollen wir in keiner Weise kommerzielle Angebote benachteiligen. Im Gegenteil, viele Entwickler und Anwender der "linuxforen.de" und "mrunix.de" arbeiten für kommerzielle Anbieter und verdienen so ihren Lebensunterhalt.

Doch mehr oder weniger vage Konzepte als Patente anzuerkennen würde die Entwicklung ALLER Software - sowohl kommerzieller als auch freier - entscheidend hemmen. Konkurrenten könnten sich gegenseitig mit Patentklagen blockieren, Universitäten hätten große Schwierigkeiten, wissenschaftliche Projekte weiterzuführen. Die extrem innovative Informationstechnologie könnte sich nur noch mit angezogener Handbremse weiterentwickeln.

Bitte verhindern Sie die Verabschiedung dieser Richtlinie. Außer einiger weniger Patentinhaber hätte niemand - weder der Privatanwender noch der kommerzielle Softwareanbieter Nutzen von dieser Richtlinie.

samsara
29-08-2003, 02:49
Das mit dem Alkohol solltest Du weglassen ;)

Samsara

xare
29-08-2003, 14:03
Original geschrieben von Doh!

am 1. September steht im Europäischen Parlament eine Abstimmung über die Richtlinie zur Patentierung computerbezogener Erfindungen.

Computerbezogene Erfindungen? Gehören dazu nicht auch neue Hardware? Ganz falscher Ausdruck...

Werden Algorithmen und mathematische Formeln denn überhaupt erfunden?

Ich kopier mal ein Statement von Donald Knuth rein:




Knuth: Oh ja, ich habe mitbekommen, dass darüber in Deutschland gerade diskutiert wird. Meine persönliche Meinung dazu ist, dass Algorithmen wie Mathematik sind, also inhärent nicht patentierbar. Es beunruhigt mich, dass die meisten Patente von so einfachen Ideen handeln, dass ich von meinen Studenten erwarten würde, sie als Hausaufgabe zu entwickeln. Manchmal gibt es Ausnahmen, beispielsweise etwas sehr Raffiniertes wie eine Innere-Punkte-Methode für lineare Programmierung, wo man wirklich von einer signifikanten Entdeckung sprechen kann. Für mich ist das aber immer noch Mathematik. Ich komme aus einer mathematischen Kultur, in der wir kein Geld von Leuten kassieren, die unsere Sätze benutzen. Da gibt es den Gedanken, dass Mathematik entdeckt, nicht erfunden wird. Wenn etwas schon da war, wie kann man es dann patentieren?

Wenn etwas schon da war, wie kann man es dann patentieren?

Ich habe einen offenen Brief an das US-Patentamt geschrieben und ihn am Ende der zweiten Auflage des CWEB-Manuals veröffentlicht. Unglücklicherweise haben sie die Seite in der neusten Auflage wieder weggelassen, aber im Web findet man den Brief noch. Im Prinzip sage ich darin das, was Stallman schon seit Jahren sagt, nämlich dass Patente auf Algorithmen etwas Ähnliches wären wie Patente auf englische Wörter. Ich habe als Analogie unser Rechtssystem benutzt: Was wäre, wenn jeder Rechtsanwalt, der einen Fall zitiert, dafür bezahlen müsste? Es würde uns darin einschränken, neue Fälle zu behandeln, oder im Falle eines Software-Entwicklers, neue Software zu programmieren. Wenn es damals Software-Patente gegeben hätte, hätte ich TeX nie schreiben können. Und so ziemlich jedes Programm, das ich heute für meine tägliche Arbeit benutze, wäre nicht geschrieben worden. Jedes Stück Software, das wirklich wichtig für mich ist, wäre vermutlich nicht entwickelt worden, wenn es damals Software-Patente gegeben hätte.

Ich denke, dass Software-Entwickler ein Einkommen verdienen, aber nicht dafür, dass sie sich einen Algorithmus schnappen und ihn dann für sich beanspruchen, sondern für Dienstleistungen wie das Anpassen von Programmen, das Verfassen guter Handbücher und die Unterstützung der Anwender. In der ersten Auflage von Band 3 hatte ich die Bemerkung stehen, dass es eine starke Analogie zwischen der Erstellung eines Programms und dem Anfertigen einer Maschine aus Holz oder sonstigen Materialien gibt. Das macht es vermutlich unausweichlich, dass es eines Tages Patente auf Algorithmen geben wird. Ich habe das in der dritten Auflage ein wenig umformuliert. Ich habe jedenfalls nicht die Zeit, bei allen Algorithmen zu überprüfen, ob sie irgendwelche Patente berühren. Ich versuche es natürlich und verweise auch auf eine ganze Reihe Patente. Aber wenn ich ein Patent nicht erwähne, bedeutet das nicht, dass es nicht existiert.

Das vollständige Interview gibts hier: http://www.heise.de/ct/02/05/190

Für die, die Donald Knuth nicht kennen, der Kerl ist Informatikerlegende, Autor von "The Art of Computer Programming" und von TeX.

Den offenen Brief würde ich nicht abschicken, er enthält keine Argumente.

MfG Xare

tuxipuxi
29-08-2003, 14:37
guter brief, nur das "1. september" soltest du ändern, das ist nämlich geändert worden.

ich habe auch schon eine mail an "meine" europaparlamentsmitglieder geschickt.

gruss,

tuxipuxi.