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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Schusterjungen und Hurenkinder



ctansearch
11-11-2012, 00:11
Es ist mehr als überfällig, die Begriffe "Schusterjungen" und "Hurenkinder" aus dem Setzerjargon zu entfernen. Sie sind diskriminierend und inhaltsleer.

Ich schlage "Überhangzeilen" und "Halbzeilen" als Begriffe vor.

Tradition hin oder her, wenn was blöd ist, soll man es verändern.

rstuby
11-11-2012, 05:51
"Hurenkinder", das sehe ich ein, ja. Aber wen diskriminiert der Ausdruck "Schusterjunge"? Kein Schuster lässt heutzutage in Deutschland Kinder bei sich Hilfsarbeiten ausführen. Die angeblich diskriminierten personen existieren also gar nicht.

klops
11-11-2012, 08:54
Der Begriff Hurenkind ist übrigens veraltet. Die heutige Bezeichnung dafür lautet eher Witwe, was auf eine vereinsamte Zeile hinweisen soll und keine wirklich glückliche Bezeichnung ist. Schusterjungen habe ich als Findelkinder kennengelernt. Man bezeichnet das heute auch gerne als Waise. Ich muss aber sagen, dass mir der Begriff Schusterjunge deshalb lieber ist, weil ich mir so einfacher merken kann, dass das die einsamen Zeilen unten auf der Seite sind (Schuster stellt etwas her, das man an den Füßen, also unten trägt).

Den neueren Begriffen gemeinsam ist, dass sie alle keinen Makel bezeichnen, sondern lediglich einen Trauerfall und einen Zustand, der sich ändern kann. Das passt durchaus zum Wandel der Einschätzung der entsprechenden satztechnischen Erscheinungen, die insbesondere Waise lediglich als bedauerlich einschätzt und stark betroffene Witwen als unglücklich.

Schusterjungen existieren zwar in Deutschland nicht, anderswo in der Welt aber schon. Ich sehe aber nicht, wieso sie durch den Begriff diskriminiert werden. Sie werden eher ins Gedächtnis gerufen. Es ist auch nicht unehrenhaft ein Schusterjunge zu sein, es ist unehrenhaft für uns alle, dass es Kinderarbeit gibt.

ctansearch
12-11-2012, 00:12
Ich meine, daß dadurch, daß diese "vereinsamten" und "unvollständigen" Zeilen unerwünscht sind, die unfreiwilligen Namensgeber (Witwen,Waisen, Hurenkinder und Schusterjungen) ebenfalls als "unerwünscht" oder "unvollständig" gekennzeichnet werden.

Einem so modernen und so weit verbreiteten Satzsystem wie TeX/LaTeX ist so etwas nicht angemessen.

Vielleicht finden sich bessere Namen, die ebenso einprägsam sind?

rstuby
12-11-2012, 06:15
Na ja, Witwen und Waisen sind ja auch einsam und kommen sich zunächst irgendwie "verloren" vor und der Staat sollte schon versuchen, dass es nicht viele Witwer/Witwen und Waisen gibt - keine Kriege führen, auf die Sicherheit am Arbeitsplatz achten, die Medizin fördern...
Aber in Bezug auf Hurenkinder und Schusterjungen sehe ich das ein, denn die sind ja nur dann einsam, wenn sie diskriminiert werden.

cgnieder
12-11-2012, 12:06
der Staat sollte schon versuchen, dass es nicht viele Witwer/Witwen und Waisen gibt
Wie um Himmels Willen soll er das tun? Sterben verbieten?

Ob ein Begriff diskriminierend ist, müssen zuallererst und vor allem die damit diskriminierten entscheiden.

Mit gefallen „Verlassene“ oder „Einsame“ als Alternativen ganz gut...

rstuby
12-11-2012, 12:13
OK, klar, Witwe(r) ist man auch, wenn der Partner in hohem Alter stirbt, und auch Erwachsene könnten sich als Waise bezeichnen, das hatte ich nicht berücksichtigt. Ich meinte, dass möglichst verhindert werden soll, dass Menschen frühzeitig sterben.

klops
12-11-2012, 12:23
Ich meine, daß dadurch, daß diese "vereinsamten" und "unvollständigen" Zeilen unerwünscht sind
Die Zeilen selbst sind doch nicht unerwünscht. Ihr Zustand ist bedauerlich und deshalb sollte man ihnen darüber hinweg helfen. Wären die Zeilen selbst unerwünscht, könnte man sie einfach löschen. Das will aber wohl niemand, denn dann ginge dem Text etwas verloren. Die Zeilen sind selbst nicht mehr und nicht weniger wert als andere und deshalb sind Typographen bestrebt, ihnen ein freundlicheres Umfeld zu bieten.

rstuby
12-11-2012, 12:45
ja Klops, genau das meinte ich auch!

ctansearch
12-11-2012, 13:43
Harolds and Maudes?

:)